Die Demonstratoranlagen des LLEC verteilen sich über den weitläufigen Campus des Forschungszentrums. Gemeinsam bilden sie zahlreiche Bestandteile eines zukünftigen Energiesystems in integrierter Form ab. Die Besonderheit des Projektes LLEC::JuPilot ist, dass sich im und rund um das Schülerlabor, dem JuLab, die LLEC-Aktivitäten bündeln und hier quasi ein „Mini-LLEC“ erlebbar ist. An diesem zentralen Standort mitten auf dem Campus konzentrieren sich (fast) alle technischen LLEC-Themen in kleinem Maßstab.
Titelbild: Luftbild JuLab und umliegende Demonstratoren (FZJ)
Auf dem Dach des JuLabs (4) ist eine Photovoltaikanlage installiert, die Dachterrasse ist mit einer Pergola-Photovoltaik-Anlage bestückt und das Gebäude selbst ist mit neuester Sensorik und Aktorik ausgestattet. Vis-à-vis zum Schülerlabor befinden sich eine Kleinwindenergieanlage (3), bidirektionale Elektroladesäulen, eine Li-Ionen-Batterie (1) und eine Technikzone (2) mit Elektrolyseur, H2-Speicher, Brennstoffzelle und Abwärmespeicher. In diesem Zusammenspiel und modellbasiert geregelt, wird das JuLab zu einem Gebäude mit einer bilanziell autarken Energieversorgung. Es lässt sich guten Gewissens sagen, dass die Energiewende hier mit allen Sinnen erlebbar ist. Ein Ort eignet sich dazu im Besonderen: Von der Dachterrasse des JuLabs aus sind alle beschriebenen JuPilot-Demonstratoren (und Tesla-Batterie sowie E-Ladesäulen) zu sehen, wenn man den Blick in Richtung Westen wendet.
Abb. 1: Dachterrasse JuLab, Blickrichtung West (FZJ)
Dreht man sich um 180° in Richtung Osten, fällt der Blick auf den flächenmäßig größten LLEC-Demonstrator, die Photovoltaik-Freilandanlage; im Hintergrund zeichnet sich die Sophienhöhe ab, die mit ihrer landschaftsgestaltenden Präsenz daran erinnert, dass die Energiewende insbesondere im Rheinischen Revier vorangetrieben werden soll.
Abb. 2: Dachterrasse JuLab, Blickrichtung Ost (FZJ)
Der Name JuPilot verdeutlicht, was das Projekt sein soll(te): das LLEC-Pilotprojekt. Ein Pilot muss zügig fertiggestellt sein; zum einen, um die Strahlkraft eines Themas bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu entwickeln und zum anderen, um Fehler, die hier im Kleinen gemacht werden, bei den größeren Folgeprojekten direkt zu vermeiden. Die Fertigstellung der JuPilot-Projekte stellt sich allerdings zeit- und kostenaufwendiger als ursprünglich geplant dar, was zu den Herausforderungen des Mini-LLEC führt.
Zum einen müssen auch die Mini-LLEC-Projekte im Rahmen der üblichen Projektherausforderungen und im Spannungsfeld der gesellschaftlichen Besonderheiten der letzten Jahre geplant und realisiert werden. Das sind zum Beispiel pandemiebedingte Lieferengpässe, der Fachkräftemangel, explodierende Baupreise und die Energiekrise. Die gesetzlichen und erheblichen FZJ-internen Anforderungen an Baumaßnahmen können an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Zum anderen verursacht jedes einzelne Planungs- und Bauprojekt immer wieder spezifische Herausforderungen, die zu Projektbeginn entweder noch gar nicht betrachtet oder nicht projektkritisch eingeschätzt werden.
So ist beispielsweise die Technikzone zu Beginn als einfache Einhausung, als simpler Anbau vergleichbar eines transparenten Pavillons kalkuliert worden. Die Realität zeigt jedoch (schnell), dass rund um das Medium Wasserstoff diverse sicherheitstechnische Planungsanforderungen, z.B. Ex-Schutz-Betrachtungen, HAZOP, Sicherheitsuntersuchungen, Brandschutzgutachten, etc. zu berücksichtigen sind, die zu erweiterten technischen Anforderungen führen, zu deren Erfüllung sowohl mehr Zeit als auch mehr Budget erforderlich ist. Dazu kommt, dass hier ein kleiner aber individueller wissenschaftlicher Demonstrator rund um H2 realisiert wird, der kein Produkt von der Stange ist. Zahlreiche Abstimmungen, insbesondere zwischen Wissenschaft und Infrastruktur, sind erforderlich.
Abb. 3a: Planung Technikzone (Ing.-Büro Wolff)
Abb. 3b: Realisierung der Technikzone (FZJ)
Ganz anders haben sich die Herausforderungen bei der Kleinwindenergieanlage (KWEA) dargestellt. Die wissenschaftlichen Anforderungen sind geringer, da es nur um die Einbindung des Windsektors in ein ganzheitliches Energiesystem geht und die KWEA selbst nicht Forschungsgegenstand ist. Ein am Markt etabliertes Produkt ist beschafft worden und so sind prinzipiell auch die technischen Herausforderungen berechenbarer. Hier ist es wichtig, ausreichend Zeit zum Austausch mit den Nutzern der benachbarten Gebäude einzuplanen. Betreiber von Windkraftanlagen sehen sich typischerweise mit Fragen wie diesen konfrontiert: Wie groß ist die Anlage? Gibt es Schlagschattenbildung? Emittiert die Windkraftanlage Lärm? Mit vergleichbaren Fragen wurden wir konfrontiert. Die Antworten auf diese Fragen waren in unserem Fall ebenso einfach wie verträglich: Ja, es handelt sich um eine Kleinwindenergieanlage, die nicht viel höher als die umliegende Bebauung ist. Ja, es gibt Schlagschatten, aber die Rotorblätter sind sehr klein, zudem drehen sie sich sehr schnell und mit einer Verschattung z.B. von einem Büroarbeitsplatz ist nicht zu rechnen. Ja, die Windkraftanlage emittiert Lärm, aber diese Lärmemissionen liegen eindeutig innerhalb des bei uns auf dem Campus zugelassenen Niveaus. Die ausschlaggebende Frage hier auf dem Campus war allerdings eine andere: Verursacht dieser technische Demonstrator Schwingungen, die sich auf die Elektronenmikroskope in den benachbarten Gebäuden auswirken?
Das konnte auch der Lieferant auf Basis seiner Dokumentationsunterlagen und Erfahrungen nicht beantworten. Ein Schwingungsgutachten musste erstellt werden. Dazu wurden erst Messungen an einer Bestandsanlage durchgeführt, auf dessen Basis die Prognose für unsere Anlage erstellt werden konnte, die sich glücklicherweise als nicht kritisch darstellten. Die KWEA konnte aufgestellt werden und die Messungen vor Ort bestätigten auch die Prognoseberechnungen.
Abb. 4a: Zeichnung KWEA (Ing.-Büro Wolff)
Abb. 4b: Montierte KWEA (FZJ)
Als best-practice-Beispiel sei zu guter Letzt noch die Umrüstung der Gebäudeleittechnik im JuLab genannt. Selbst wenn gemäß Lehrbuch dieses Projekt noch nicht final fertiggestellt ist, so kann man hier doch guten Gewissens behaupten, dass es sich um ein echtes Pilot-Projekt handelt. Die Erkenntnisse, die im Zuge der Projektrealisierung eigens installierter Sensoren und Aktoren gewonnen werden konnten, sind in die Planungen und die Baustellenorganisation der anderen GLT-Umrüstungsprojekte eingeflossen.
Beim LLEC-Projekt und auch beim JuPilot handelt es sich um ein Reallabor, in dem unter realen Bedingungen innovative Ideen umgesetzt werden sollen. Die Komplexität der Aufgabenstellungen und damit einhergehend die prinzipiellen und spezifischen planerischen und baulichen Herausforderungen des Mini-LLEC sind nicht geringer als bei anderen LLEC-Bauprojekten. Vor dem Hintergrund, dass wir an dieser zentralen Stelle auf dem Campus und rund um ein Gebäude, in der Aufgaben mit immens hoher Strahlkraft vorangetrieben werden, agieren (dürfen), macht das JuPilot-Projekt dennoch zu etwas ganz Besonderem. Die notwendige Transformation des Energiesystems wird hier zukünftig für Interne und Externe erlebbar sein!
Dies stellt eine Bestätigung dar, dass sich unser Optimismus und Durchhaltevermögen gelohnt haben und es ist umso mehr eine Motivation, auch noch die letzten Schritte bis zu einer baulichen Fertigstellung zu gehen.
Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung dieses Projektes.
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