In Feldversuchen untersuchen Forscher des Instituts für Pflanzenwissenschaften vom Forschungszentrum in Jülich gemeinsam mit Landwirten aus der Region, wie sich unterschiedliche Pflanzenkohlezuschläge für eine Bodenverbesserung eignen. Die Kooperation entstand auf Vermittlung der Koordinierungsstelle BioökonomieREVIER und mit dem „Innovationslabor Marginal Field Lab“, das praktische Nutzungsmethoden auf Tagebaurandflächen untersucht. Sie ist ein Beispiel für die Umsetzung bioökonomischer Ansätze in der Landwirtschaft mit Blick auf das sich verändernde Klima.
Der Klimawandel ist in der Landwirtschaft angekommen. Auch die Böden im Rheinischen Revier leiden zunehmend unter der Trockenheit. Grundwasser ist vielerorts für eine intensive Bewässerung nicht oder nur mit steigendem Aufwand verfügbar. Wasser wird dabei zu einem erheblichen Kostenfaktor für die Landwirtschaft. Außerdem würde die Nutzung des Grundwassers den durch die Tagebauaktivität ohnehin schon niedrigen Grundwasserspiegel in der Region weiter sinken lassen.
Es gilt daher, nach Alternativen zu suchen. Eine andere Möglichkeit, der Bodentrockenheit entgegenzuwirken, ist es, die Wasserhaltekapazität des Bodens zu steigern. Dies kann durch Erhöhung des Humusanteils, also des Anteils an organischem Kohlenstoff, erreicht werden. Das Einbringen von Kompost ist hierfür als Option denkbar. Allerdings wird der größte Teil bereits sehr schnell von Mikroorganismen im Boden und bei der Kompostherstellung abgebaut. Als Folge wird das klimaschädliche Gas CO2 freigesetzt. Da die Klimakrise schon jetzt mit einer durchschnittlichen weltweiten Temperaturerhöhung von 1,1 Grad deutlich sichtbar ist, ist der Einsatz von Kompost daher nur bei langjähriger Anwendung eine wirkliche Option.
Als effektivere Alternative bieten sich verschiedene mikrobiell schwer abbaubare Kohlenstoffe an. Sie werden als Zuschlagsstoffe in den Boden eingebracht. Im vorliegenden Feldversuch kamen drei Kohlenstoff-Varianten zum Einsatz: Pflanzenkohle in Form von Holzkohle, sowie zwei unterschiedliche fossile Pflanzenkohlen: Braunkohle und Xylit. Letzteres besteht aus unvollständig mineralisierten Baumfasern, die beim Braunkohleabbau anfallen.
Neben der Förderung der Wasserhaltekapazitäten haben diese drei Kohlenstoffe einen weiteren positiven Effekt: Sie erhöhen die sogenannten Ionenaustauscher-Eigenschaften des Bodens. Das bedeutet, die Kohlepartikel können Nährstoffe speichern. Vermischt man nun den Kohlenstoff mit Gülle, erhält man ein Kultursubstrat – einen wertvollen Vorratsdünger – der im Boden verbleibt. Die in der Gülle enthaltenen Pflanzennährstoffe werden quasi „festgehalten“ und erst nach und nach wieder abgegeben. Sie sind damit über einen langen Zeitraum für die Pflanzen verfügbar. Eine Auswaschung von Nährstoffen wie Nitrat und Phosphat aus dem Boden ins Grundwasser, die bei der herkömmlichen Ausbringung von Gülle schnell geschieht, gibt es hier nur in sehr geringem Maß. Hinzu kommt, dass durch die Kohle Schwermetalle zurückgehalten werden.
„Der Humusaufbau ist für eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und damit für einen positiven Effekt auf das Pflanzenwachstum besonders wichtig. Mit dieser Maßnahme können wir langfristig die Speicherung von Kohlenstoff im Boden erhöhen und leisten einen aktiven, praktischen Beitrag zum Klimaschutz. Darüber hinaus bewirkt die erhöhte Wasserhaltekapazität eine bessere Wasserversorgung der Pflanzen bei der zunehmenden Trockenheit“, erläutert Dr. Arnd Kuhn, Pflanzenforscher aus Jülich. Er begleitet die Feldversuche wissenschaftlich.
Karl-Heinz Albersmeier, Landwirt vom Amtmannhof in Jülich-Güsten, hat für die Versuche eine Ackerfläche zur Verfügung gestellt. Er hat sich mit seiner Firma Kartoffelpower GbR auf den Anbau von Kartoffeln spezialisiert und bietet seit 2000 verschiedenste Kartoffelprodukte im Direktvertrieb an. Auf seinem Acker wurden im Herbst 2020 die mit Gülle gesättigten Kohlenstoffe im Mischungsverhältnis von einer Tonne auf circa zehn Kubikmeter Gülle eingebracht. Dies entspricht rund zwei Tonnen Kultursubstrat nach Abscheiden der wässrigen Phase.
Die Produktion des Kultursubstrates wurde zusammen mit der Agrihumin GmbH aus Brühl, einem weiteren Kooperationspartner durchgeführt. Das Unternehmen hat sich auf Gülleaufbereitung spezialisiert und arbeitet mit einem landwirtschaftlichen Betrieb aus dem Kreis Borken zusammen. Deren Produktionsanlage entstand mit Mitteln des „Bundesmodellvorhabens Revier“ vom Bundeswirtschaftsministerium.
Albersmeier ist bioökonomischen Stoffkreisläufen und neuen Anwendungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Er setzt bisher standardmäßig Reste aus der Championzucht, sogenannten „Champost“, als Dünger ein. Dieser eignet sich ebenfalls sehr gut zur Humusbildung auf dem Acker. Zu den neuen Kohlenstoff-Zuschlägen auf seinem Acker sagt er: „Das eingesetzte Material riecht keine Spur nach Gülle, sondern eher erdig. Es lässt sich gut auf das Feld aufbringen und ist sehr homogen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Maßnahme auf das Wachstum der Pflanzen auswirkt. Wir hoffen auf einen positiven Langzeit-Effekt, denn damit könnte diese neue Methode für uns wirtschaftlich sein.“ Neben der Bodenwirksamkeit ist die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme ein entscheidender Aspekt für den Landwirt.
Auf dem Acker bei Jülich wächst derzeit Ölrettich als Zwischenfrucht und Gründüngung. Im kommenden Frühjahr werden dort Zuckerrüben gesät. Alle Beteiligten hoffen, dass sich dann die ersten Effekte der Bodenzuschlagstoffe auf das Wachstum und die Qualität der Nutzpflanzen zeigen werden.
Autorin: Anke Krüger
Weitere Informationen:
http://www.kartoffelpower.de/: Kartoffelpower – vom Acker frisch in die Tüte
https://agrihumin.de/: Gülle wird Dünger – transportwürdig und geruchsneutral
Institut für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich, https://www.fz-juelich.de/ibg/ibg-2/EN/Home/home_node.html
https://www.biooekonomierevier.de/
Bilder:
Forschungszentrum Jülich / Arnd Kuhn
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