Das Rheinische Revier soll zu einer Modellregion für eine nachhaltige Bioökonomie werden. Damit einher geht die Umgestaltung einer ganzen Region. Wie dies gelingen kann, erforschen wir im BioSC-Projekt Transform2Bio.
Das Rheinische Revier ist wie kaum eine andere Region dafür geeignet, den regionalen Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie erfolgreich zu gestalten. Durch das dynamische Engagement einer Vielzahl gesellschaftlicher Akteure und Interessensgruppen sowie die hohe Dichte an wissenschaftlichen Institutionen in der Region lassen sich gesellschaftliche Dynamiken beobachten und analysieren.
Die Grafik zeigt die große Bandbreite an Akteuren (Beispiele), die sich aktiv in den Transformationsprozess einbringen. Gemeinsam mit diesen Akteuren und in enger Kooperation mit dem BMBF-geförderten Projekt BioökonomieREVIER möchten wir verstehen und unterstützen, wie die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie gelingen kann.
Die aktuellen politischen Entscheidungen und der angestrebte Strukturwandel schaffen somit ein ‚Fenster der Möglichkeiten‘, um tiefgreifende Veränderungen einzuleiten und traditionelle Pfadabhängigkeiten zu verlassen.
Warum brauchen wir eine frühe Einbindung von Stakeholdern in der Bioökonomie?
Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie ist ein ambitioniertes Vorhaben, das Veränderungen in einer Vielzahl gesellschaftlicher Bereiche mit sich bringt. Aus der Forschung in Bezug auf die Energiewende ist bekannt, dass die Entwicklung ökologisch nachhaltiger Technologien zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für die Implementierung eines ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Systems darstellt.
Technisch und ökonomisch optimale Konzepte werden äußerst selten entsprechend umgesetzt. Denn nicht nur die ökologische und ökonomische Effizienz, sondern auch sich wandelnde öffentliche Diskurse, Interessenlagen und Machtverhältnisse spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg sozioökonomischer Transformationsprozesse.
Regionale Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie
Die Implementierung einer nachhaltigen Bioökonomie erfordert weitreichende Veränderungen der bestehenden Wertschöpfungsketten, Geschäftsmodelle, Ressourcensysteme und Governance-Ansätze und betrifft verschiedene Politikfelder. Die Vielzahl der beteiligten Akteure und die diversen Vorstellungen, Einstellungen und Ziele beeinflussen die regionalen Entscheidungsprozesse. Daher ist es notwendig, der Transparenz dieser Entscheidungsprozesse und den Möglichkeiten zur aktiven Mitwirkung besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Vom Wandel betroffene Akteure entscheiden oft nicht auf der Basis techno-ökonomischer Effizienz, sondern auf Grund subjektiver Wahrnehmungen und Entscheidungskriterien. Besonders im Kontext weitreichender gesellschaftlicher Transformationsprozesse können sich die Vorstellungen unterschiedlicher Stakeholder-Gruppen erheblich unterscheiden. Wenn im Rahmen der Bioökonomie neue Technologien, Wertschöpfungsketten und Produktionsweisen für einen nachhaltigen Wandel entwickelt werden, sollte daher die Einbindung der Betroffenen so früh wie möglich geschehen, um Akzeptanz- und Partizipationsprobleme bei der Umsetzung zu vermeiden. Hierfür ist die Erforschung von Einstellungen, Diskursen und Entscheidungsprozessen zentral.
Welche Vorstellungen von Bioökonomie gibt es in der Gesellschaft?
Eine weitreichende Transformation zu einer nachhaltigen Bioökonomie erfordert nicht nur techno-ökonomische, sondern auch sozio-politische Veränderungen. Eine große Hürde besteht derzeit darin, dass das Konzept in der Bevölkerung bisweilen nicht sehr bekannt ist. Ergebnisse einer von uns in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage zeigen, dass die Hälfte der Befragten keine genaue Vorstellung von der Bedeutung des Konzepts hatte. Etwa 20% der Befragten brachte den Begriff mit Ökologie oder einer ökologischen Produktion in Verbindung, während rund 16% einen Bezug zu biologischen Ressourcen herstellten. Dennoch war die Mehrheit (67% der Befragten) der Etablierung einer Bioökonomie positiv gegenüber eingestellt.
Über die gesellschaftlichen Vorstellungen des Konzeptes Bioökonomie können zudem die Ergebnisse einer Diskursanalyse von Medientexten Aufschluss geben. Dabei wurde das Vorkommen dreier unterschiedlicher „Visionen“ (technologieorientiert, ressourcenorientiert, ökologieorientiert) für die Etablierung einer Bioökonomie untersucht. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass in Medienberichten ein deutlicher Fokus auf der Biotechnologie und deren Wertschöpfung liegt. In dieser werden allerdings die gesellschaftlichen Dimensionen des Wandels kaum angesprochen.
Die Wortwolke zeigt die am häufigsten in Medientexten zur Bioökonomie auftauchenden Begriffe. Der Fokus liegt meist auf Technologie, Wissenschaft und Wertschöpfung – aber auch regionale Bezüge sind erkennbar.
Am zweithäufigsten entsprachen die transportierten Vorstellungen von Bioökonomie einer auf die Nutzung biologischer Ressourcen ausgerichteten Vision. Diese Vision stellt die effiziente Nutzung biologischer Ressourcen möglichst in aufeinanderfolgenden Biomasse-Kaskaden in den Mittelpunkt. Sie adressiert sowohl die Potentiale der Bioökonomie für die ländliche Entwicklung als auch für Nachhaltigkeit.
Sehr viel seltener taucht hingegen eine auf Ökologie ausgerichtete Vision der Bioökonomie in der medialen Debatte auf. Diese stellt die Nutzung und Bewahrung ökologischer Kreisläufe sowie von Suffizienz-Ansätzen in den Mittelpunkt der Bioökonomie. Dabei werden verstärkt Aspekte von Teilnahme und Mitbestimmung thematisiert.
Die Analyse der zeitlichen Entwicklung zeigt allerdings auch, dass sich die mediale Debatte zunehmend verändert. So nimmt derzeit der Technologiefokus in der Tendenz ab, während die Ökologie-Vision mit ihren prägenden Begriffen wie Klimawandel, Kreislaufwirtschaft, Gesellschaft und Bürger etwas häufiger in der medialen Debatte auftauchen.
Die Ergebnisse dieser ersten Analysen werden in nächsten Schritten ergänzt durch die Untersuchung verschiedener regionaler Wertschöpfungsketten und Akteursgruppen insbesondere im Hinblick auf deren jeweiligen Ziele, Chancen, Herausforderungen sowie die Rolle im Transformationsprozess. Anhand dessen lässt sich beurteilen, welche Entwicklungen und Entscheidungen auf dem Weg zur Bioökonomie gesellschaftliche Unterstützung finden.
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