3 min – so viel Zeit hatte Dr. Eduardo Melo ein komplexes Zusammenspiel aus Nanotechnologie und Biotechnologie zu erklären. Die „Falling Walls Conference“ (alias „Berlin Science Week“) findet jedes Jahr zum Tag des Mauerfalls am 9. November in Berlin statt. Denn die Falling Walls Conference will Mauern einreißen und Grenzen überwinden: In den Köpfen, im Denken und im Handeln [BMBF].
Auch in der Welt der Synthetischen Enzymkaskaden kündigen sich bahnbrechende Veränderungen an. So berichtete Dr. Eduardo Melo vom Forschungszentrum Jülich im „Falling Walls Lab Rhineland“ über seine Entwicklung zum Thema „Breaking the wall of enzyme regulation“.
Enzyme sind die Baumeister der Natur. Die auch als Biokatalysator bezeichneten Eiweißmoleküle wirken als Beschleuniger von biochemischen Reaktionen. Enzyme sind die unsichtbaren Stars der Bioökonomie[B]. Sie dienen als Spezialwerkzeuge und daher sind die Multitalente unverzichtbare Helfer. Durch neue Methoden bei der Auswahl, dem Design und dem Einsatz von Biokatalysatoren werden die Anwendungsfelder für Enzyme immer breiter. Enzyme sind natürliche Katalysatoren, die sehr präzise und unter milden Bedingungen arbeiten. Daher können Sie zum Beispiel für die umweltverträgliche Synthese von Feinchemikalien, Medikamenten oder Bioplastik eingesetzt werden. Mittlerweile sind wir in der Lage, ganz viele Enzyme miteinander zu kombinieren, um hoch komplexe Produkte präzise in mehrschrittigen Synthesen zusammensetzen zu können. Aber mit den neuen Möglichkeiten entstehen auch neue Herausforderungen: da die meisten Enzyme nicht nur eine Substanz umsetzen (was ein großer Vorteil für uns ist), sondern verschiedene Substanzen akzeptieren, kann es dazu kommen, dass sie auch ungewünschte Reaktionen durchführen (was wir vermeiden wollen).
Dr. Eduardo Melo aus der Arbeitsgruppe „Synthetische Enzymkaskaden“ von Prof. Dr. Dörte Rother beschäftigt sich mit der Frage: wie können wir mehrere Enzyme, die in einem chemischen Syntheseweg zusammenarbeiten, so regulieren, dass sie ausschließlich die gewünschte Aufgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt übernehmen? Man kann sich dies wie ein Orchester vorstellen, in dem jeder seine Stimme spielt, aber nur dann wenn der Einsatz kommt. Die Idee: die Enzyme werden an winzig kleine Magnetpartikel gebunden. Gibt man diese nun in einen Reaktor, der stark gekühlt ist (z.B. 2 °C), so sind die Enzyme kaum aktiv, sie „ruhen“ bei diesen geringen Temperaturen. Werden diese enzymbeschichteten Nano-Magnetpartikel nun einem magnetischen Feld ausgesetzt, wird die Molekülbewegung angeregt. Es entsteht ein Mikroklima mit einer bestimmten Temperatur um die Partikel herum, genau da wo sich die Enzyme befinden. Stellt man das Magnetfeld so ein, dass eine „Wohlfühltemperatur“ der Enzyme getroffen wird (z.B. 30 °C), wird die gewünschte Reaktion effektiv katalysiert. Der Vorteil: es gibt verschiedene Nano-Magnetpartikel, die mit unterschiedlichen Frequenzen angesteuert werden können. So können verschiedene Enzyme in einem Reaktor ganz gezielt an und wieder ausgeschaltet werden. Einfach durch das on/off-switchen des Magnetfeldes und der Änderung der Frequenz. Wie die Instrumente in einem Konzert, mit exakten Einsätzen und Pausen.
Um einen derartigen neuen Prozess zu entwickeln, werden Forscher aus verschiedenen Fachrichtungen benötigt: Materialwissenschaftler und Nanotechnologen, die die Magnetpartikel herstellen, Biotechnologen, die die Enzyme an die Partikel hängen und die Eigenschaften genau untersuchen und „tunen“ und Ingenieure, die das Magnetfeld für diese Anwendung genau einstellen und ein passendes Gerät bauen. All diese Expertise finden sich im Konsortium „HOTZYMES“, welches von der EU im Programm Horizon2020 (FET-OPEN) gefördert wird.
Ein Beitrag von E. Zelle, E. Melo und D. Rother
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