Biotechnologie – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Mikroorganismen werden in der Biotechnologie für die Produktion vieler verschiedener Stoffe eingesetzt und die Liste und Diversität der produzierten Stoffe wächst stetig. Um bei der Erforschung neuer und der Verbesserung bestehender Prozesse nicht Unmengen an Material und Zeit aufwenden zu müssen, wird in der Entwicklung immer weiter miniaturisiert und parallelisiert. Leider sind Mikroorganismen aber keine gläsernen Fabriken. Ohne Proben zu nehmen, ist man schnell im Blindflug unterwegs. Das kann vor allem bei der Miniaturisierung von Prozessen zum Problem werden: Je kleiner das Volumen, desto schwieriger und seltener möglich ist eine Probennahme. Hier können Biosensoren im Kulturmedium helfen.

(Quelle: Julia Otten (IBG-1: Biotechnologie))

Solche Sensoren messen die Konzentration eines Stoffes und übersetzen diese in ein von außen mess- bzw. sichtbares Signal. So wird zum Beispiel aus ein paar Molekülen Zucker in einem Reagenzglas eine rot leuchtende Kurve auf einem Bildschirm. Sensoren machen es möglich, den Zustand einer Kultur von außen zu beobachten, auch ohne eine Probe zu nehmen. Doch wie lässt sich so etwas zum Beispiel mit einem Protein realisieren? Wie übersetzt man eine unsichtbare Konzentration mit einem Protein in ein lesbares Signal? Wie könnte ein solcher Biosensor funktionieren? Mit diesen Fragen beschäftigten sich am IBG-1 bereits mehrere Generationen von Doktoranden und PostDocs. In der Arbeitsgruppe von Prof. Martina Pohl arbeiten daran zurzeit Dr. Julia Otten und Matthias Rieb unter anderem im Rahmen des BioSC Projekts XyloSens.

In der Natur gibt es eine Fülle an sogenannten Bindeproteinen. Diese Proteine sind häufig Bestandteile der Zellmembran und reagieren ganz spezifisch nur auf ihren jeweils eigenen speziellen Liganden. Ähnlich den Enzymen passen nur der richtige Ligand und das passende Bindeprotein nach einem Schlüssel-Schloss Prinzip zusammen. In einer Zelle hilft das dabei, z. B. Glukose in die Zelle zu transportieren. Kommt ein Glukosebindeprotein in Kontakt mit einem Molekül Glukose, schließt es sich wie eine Venusfliegenfalle, fängt das Molekül so ein und kann es dann gezielt an das nächste Protein weitergeben, um es durch die Zellmembran zu schleusen. Dieses Erkennen spezifischer Moleküle müsste sich doch nutzen lassen, um Biosensoren zu bauen. Doch die winzigen Bewegungen der Bindeproteine sind keine physikalisch leicht messbaren Signale. Diese werden für einen guten Sensor jedoch gebraucht.

Ziemlich schnell war klar, dass man dafür am besten Licht nimmt. Für dessen Analyse braucht man keine komplizierten Mess- und Auswertetechniken, im Prinzip reicht dafür schon eine einfache Kamera. Proteine zur Erzeugung von Licht oder besser Fluoreszenz werden in sehr vielen biologischen Fragestellungen genutzt. Das bekannteste Beispiel ist hier das Grün Fluoreszierende Protein (GFP), dass es mittlerweile nicht nur in grün, sondern in einem ganzen Regenbogen von Varianten gibt. Aber auch ein (Fluoreszenz)-Signal allein macht noch keinen Biosensor.

Erst aus der Kombination aus dem Erkennen eines Moleküls und dem daraus erzeugten Signal wird ein funktionsfähiger Biosensor. Bleibt die Frage offen, wie man die Bindung des Liganden in ein Leuchtsignal übersetzt?

Hier hilft die Physik: Man nutzt das physikalische Phänomen des Förster-Resonanz-Energie-Transfers, kurz FRET. Kurz gesagt beschreibt dieses Phänomen, wie und warum ein Energieübertrag zwischen mehreren fluoreszenten Molekülen funktioniert. Bringt man zum Beispiel ein blaues und ein gelbes Fluoreszenzprotein zusammen, verändert sich das Leuchten je näher sich die beiden kommen. Die blaue Fluoreszenz wird dunkler und die gelbe Fluoreszenz heller. Das liegt daran, dass mehr Energie von dem blauen auf das gelbe Fluoreszenzprotein übertragen wird. Diese Änderungen in den Intensitäten sind sehr gut messbar. Dabei zeigt sich FRET zwischen den zwei Fluoreszenzproteinen fast wie eine molekulare Einparkhilfe: Je näher sich zwei Fluoreszenzproteine kommen, desto stärker wird das Signal.

(Quelle: Julia Otten (IBG-1: Biotechnologie))

Mit diesem Wissen geht es zur Konstruktion eines fluoreszierenden Biosensors an die molekulargenetische Bastelarbeit: Man nehme ein Bindeprotein in dem sich Abstände ändern, wenn ein Molekül gebunden wird und je ein blaues und ein gelbes Fluoreszenzprotein. Dann werden die Fluoreszenzproteine an die Enden des Bindeproteins angehängt. Schließt sich dieses, wenn es z. B. Glukose bindet, ändert sich auch der Abstand der Fluoreszenzproteine und damit das FRET-Signal. Fertig ist ein Biosensor – theoretisch jedenfalls.

Um hier nicht den Rahmen zu sprengen, belassen wir es bei der Aussage: All das geht nicht über Nacht, aber am Ende steht auf dem Tisch ein großes Becherglas voll leuchtendem Biosensor. Bereit um sichtbar zu machen, was sonst im Verborgenen bliebe. Also kein Raten von Konzentrationen in dunkler Kulturbrühe mehr, sondern „Licht an!“

Ein Beitrag von J.Otten

About IBG-1 Biotechnologie

Biologen, Chemiker, Informatiker, Mathematiker, Physiker und Ingenieure am IBG-1 bilden ein interdisziplinäres Team mit einem gemeinsamen Ziel: Nutzung von Mikroorganismen zur Gewinnung unterschiedlichster Bioprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Forschung der Jülicher Biotechnologen zielt auf die Entwicklung neuer ressourcen-effizienter und nachhaltiger Bioprozesse. . Innerhalb des Bioeconomy Science Centers ist das IBG-1 ein zentraler Ansprechpartner für die Stofftransformation von nachwachsenden Rohstoffen hin zu hochwertigen chemischen Stoffen.

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