JAIME steht für „Jülich Accelerator for In-situ Material Experiments“ und ist ein Projekt mehrerer Jülicher Institute, einen Teilchenbeschleuniger für die Materialforschung mit geladenen Teilchen (H, D, He, Li und N) und Neutronen aufzubauen und zu betreiben. Dazu haben sich mehrere Jülicher Institute, die sowieso schon einen starken Schwerpunkt und entsprechende Kompetenzen in der Materialforschung haben, zusammen geschlossen. Ganz konkret sind das IKE-1, IEK-2, IEK-4, PGI-4, PGI-9 und das JCNS, das Jülich Centre for Neutron Science, dem ich angehöre.
Dadurch, dass so viele Institute zusammen arbeiten, entstehen viele Synergien und es können Ressourcen genutzt werden, die sonst viel Geld kosten würden. Zum Beispiel betreiben mehrere der Institute bereits jetzt einen kleineren Tandem-Beschleuniger, so dass die Fähigkeiten und Ausbildungen (z.B. im Strahlenschutz) bereits vorhanden sind. Dazu steuert das IEK-4 die alte, aktuell leerstehende, Textor-Halle (des alten Tokamak-Fusionsreaktorprototypen) bei, die nicht nur über entsprechend viel Platz, sondern auch über eine gute Stromversorgung verfügt und (am wichtigsten) noch ein radioaktiver Kontrollbereich ist, so dass mit minimalstem Aufwand direkt mit ionisierender Strahlung gearbeitet werden kann.
Einen Teilchenbeschleuniger haben wir uns auch bereits ausgeguckt. Es soll ein Tandembeschleuniger mit 16 MeV (P und D) werden, der mit einer geeigneten Quelle auch im gepulsten Modus betrieben werden kann und nicht, wie für einen Tandem üblich, in kontinuierlichem Modus. Aktuell kann ich noch nicht viel über die Projekte der anderen Institute sagen, da ich mich mit den Themen “Fusionsforschung”, “Plasmaphysik” und „Nano- Halbleitertechnik“ nicht wirklich gut auskenne. Aber das Ganze wird sich spätestens am 26.Oktober ändern. Da haben wir den ersten JAIME-Workshop, wo die ganzen teilnehmenden Institute zusammen kommen und ihre jeweiligen Spezialgebieten den anderen vorstellen. Ion Beam Analysis“ steht genauso auf dem Plan, wie Solid State Batteries und unsere ganzen geplanten Neutronenanwendungen. Spätestens über die letzteren kann ich jetzt schon mal an dieser Stelle berichten.
Derzeit betreibt das JCNS sehr gute Neutroneninstrumente an den besten Quellen weltweit… aber halt leider nicht in Jülich, weil es hier keine Neutronen mehr gibt. Das heißt, dass wir auch für alle Detektorentests, Weiterentwicklungen von Instrumenten, Ausbildung von Doktoranden und normalen, durchschnittlichen Messungen nach Garching bei München oder nach Grenoble in Frankreich oder OakRidge in den USA fahren müssen. Um langfristig eine große Neutronenquelle hier nach Jülich zu bekommen, haben wir das HBS-Projekt ins Leben gerufen, von dem ich hier schon oft erzählt habe. Aber das ganze hat auch einen Zwischenschritt, die NOVA ERA (Neurons Obtained Via Accelerator for Education and Research Analysis). Dies soll eine Neutronenquelle sein, die so kompakt ist, dass sie auch an einer Universität betrieben werden kann. Also etwas, dass wir innerhalb des JAIME-Projektes realisieren können.
Hier ist schon mal eine grobe Skizze des Aufbaus zu sehen. Auf der linken Seite werden die Strahlen der geladenen Teilchen auf die einzelnen Experimente aufgeteilt, die sich eben mit Ionen beschäftigen und auf der rechten Seite steht das Target, in dem die Neutronen für die Neutronenstreuexperimente produziert werden. Da man Neutronen nicht wirklich ablenken kann, müssen dann auf der rechten Seite alle Neutroneninstrumente mehr oder weniger in direkter Sichtlinie zu dem neutronenproduzierenden Target positioniert werden. Dabei wollen wir die neue Möglichkeit dieser Art von Neutronenquellen ausnutzen und die Beamlines in allen drei Dimensionen (also auch nach oben und unten) um das Target herum positionieren und nicht, wie aktuell üblich, nur in der Horizontalen.
Aktuell planen wir mit 5-6 Instrumenten, die zum Standardrepertoire einer Neutronenquelle gehören. Beim Imaging werden Bilder mithilfe eines Durchleuchtungsverfahrens aufgenommen – so wie mit Röntgen am Flughafen, nur mit dem Unterschied, dass Neutronen durch Blei hindurchgehen wie ein heißes Messer durch Butter und man vor allem Energiematerialien der Zukunft, wie Lithium oder Wasserstoff hervorragend sehen kann. Mit der prompten Gamma-Analyse können Materialien auf ihre chemische Zusammensetzung hin untersucht werden und mit der Pulver-Diffraktometrie erhalten wir Informationen über die Kristallstruktur unserer Probe. Mit dem Reflektometer und dem Small Angle Scattering schließlich erhalten wir wichtige Informationen über Nanomaterialien, dünne Schichten und biologische Systeme komplementär zu denselben Techniken mit Röntgenstrahlen, die wir zur Zeit schon hier in unserem Institut durchführen.
Also ich hoffe, nach dem Workshop noch wesentlich mehr berichten zu können und wenn bis dahin irgendwelche Fragen bestehen, freue ich mich natürlich immer über Kommentare und Anregungen unter dem Artikel.
PS: Folien aus dem Beitrag von Johannes Baggemann zu unserem Unkel Workshop letzte Woche, von dem ich auch schon berichtet hatte.
PPS: Mehr Informationen gibt es dazu im aktuellen Newsletter des FZ, der heute erschienen ist.
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