Wie Auslandsaufenthalte das Streben nach wissenschaftlichen Erkenntnissen beflügeln können
Am Anfang großer Errungenschaft, wissenschaftlicher Innovationen oder schlicht einer herausragenden Karriere steht vielfach ein einfacher Traum. Doch was passiert, wenn das eigene Heimatland nicht die besten Möglichkeiten bereithält, um diesen Traum zu erfüllen? So erging es Dr. Yurii Kutovyi. Sein Traum ist es, durch Physik die Informationstechnologie der Zukunft mitzugestalten. In seinem Heimatland der Ukraine sind die Voraussetzungen zur Erfüllung seiner Ziele nicht die besten, und so entschloss sich der junge Wissenschaftler schweren Herzens seine Heimat zu verlassen, um im Ausland seiner Forschung nachzugehen. Sein Weg führte ihn nach Jülich, ans Forschungszentrum.
Schon in jungen Jahren hegen viele Mädchen und Jungen einen ganz konkreten Berufswunsch: „Ich möchte Ärztin werden“, „Ich möchte später mal Autos reparieren“ oder „Ich möchte Kindergärtner werden“. Auch Yurii Kutovyi hatte von Kindesbeinen an Wünsche und Ziele für sein Leben, doch ganz bescheiden wünschte er sich einfach ein gutes Leben. Dass einmal die Physik ihn seinem Traum näher bringen würde, wusste er während seiner frühen Schulzeit noch nicht: „Ich hatte nicht den Traum, Physiker, Polizist, Politiker oder wer auch immer zu werden. Ich war einfach davon überzeugt, dass ich hart lernen muss, um einen guten Job zu bekommen. Das war meine Hauptmotivation und Inspiration“, sagt er rückblickend. Die Physik eröffnete dem sympathischen jungen Mann schließlich die Welt der Wissenschaft und viele berufliche Perspektiven. Nach seinem Schulabschluss entschied sich Yurii Kutovyi daher für ein Bachelor-Studium an der Fakultät für Radiophysik und ein anschließendes Master-Studium am Institut für Hochtechnologie der traditionsreichen Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew. Vor allem die modernen Fachbereiche und die zahlreichen internationalen Kooperationen sowie Beteiligungen an einer Reihe von europäischen Projekten am Institut für Hochtechnologie wiesen dem jungen Wissenschaftler die Richtung. „Es ist unglaublich spannend, an der Entwicklung von „etwas“ beteiligt zu sein, das zum Beispiel die gesamte Quanteninformationswissenschaft revolutionieren könnte“, berichtet er über seine Studienwahl.
Während eines kurzen Forschungsaufenthalts im Rahmen des TEMPUS-Projekts an der Technischen Universität Lodz in Polen, hatte Kutovyi erstmals die Gelegenheit, einen Reinraum zu benutzen. Auslandsaufenthalte eröffnen nicht nur die Möglichkeiten, andere Länder und Menschen kennenzulernen, sondern auch neue Karriereperspektiven. So war Yurii direkt von der Nanowelt und den vielen Forschungsmöglichkeiten fasziniert. „Es war wirklich interessant für mich zu sehen, was eine Reinraumanlage bedeutet und welche erstaunlichen ‚kleineren als kleinen‘ Dinge man dort herstellen kann. Ich denke, dieses kurze Praktikum an der Universität Lodz hat mich dazu motiviert, weiter Physik zu studieren. Das war eine schöne Erfahrung, und im Grunde habe ich damals erkannt, dass Nanotechnologie genau das ist, was ich erforschen möchte“, resümiert er seine Erfahrungen in Polen.
Auslandserfahrungen als Karriere-Sprungbrett
In der Ukraine sind die Forschungsmöglichkeiten im Bereich Nanotechnologien rar gesät, zudem fehlt es häufig an adäquater Ausstattung. Um seinen Traum von der Erforschung der Nanowelt Realität werden lassen zu können, suchte Yurii Kutovyi daher nach Möglichkeiten eines Masterstudiums im Ausland. „Ein guter Freund von mir, der gerade seine Promotion am Forschungszentrum Jülich begonnen hatte, erzählte mir, dass in seiner Gruppe eine Stelle für ein Masterprojekt zum Thema Silizium-Nanodraht-Feldeffekttransistoren (FET) als Biosensoren für den Nachweis von Ziel-Biomarkern frei sei“, erzählt Yurii. Und nun zahlten sich die harte Arbeit und das viele Lernen während der Schul- und Studienzeit aus, denn nach seiner erfolgreichen Bewerbung wurde Jülich zu seiner zweiten Heimat. „Ich war sehr aufgeregt, das Masterprojekt in Jülich zu beginnen“, erinnert sich der junge Wissenschaftler „und ich war so glücklich, als ich die Herstellung meiner ersten funktionierenden Nanobauteile abgeschlossen hatte.“
In Jülich fühlte sich Yurii Kutovyi direkt wohl. „Ich mag den Ort und die Umgebung, in der ich jetzt lebe und arbeite. Obwohl Jülich eine recht kleine Stadt in Deutschland ist, fühle ich mich hier wohl. Vielleicht liegt es daran, dass Jülich einige Ähnlichkeiten mit der Stadt hat, in der ich geboren und aufgewachsen bin“, berichtet er. Die Nähe zu gleich zwei Flughäfen trägt ebenfalls zum Wohlfühlen bei, denn auf diese Weise kann er in nur drei Stunden Flugzeit seine ukrainische Heimat besuchen.
Beruflich ist es vor allem das dynamische internationale Umfeld und die gute Ausstattung der wissenschaftlichen Arbeitsplätze, die dem Physiker gut gefallen. Besonders beeindruckend war für ihn dabei die intensive und interdisziplinäre Arbeit im Reinraumzentrum Helmholtz Nano Facility (HNF) des Forschungszentrums Jülich. Zudem werden Wissenschaft und Forschung auch von der Bundesregierung geschätzt und gefördert, was die Arbeit der Forschenden sehr erleichtert. „Wissenschaft ist wichtig“, betont Yurii „mehr Unterstützung und Förderung der Wissenschaft würde ich mir daher auch für mein Heimatland wünschen. Deutschland ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel.“ Darüber hinaus ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftler*innen in Jülich für Yurii ein sehr positives Erlebnis, zum Beispiel die gemeinsame Forschung mit seiner Mentorin Prof. Svetlana Vitusevich, sie betreut den Fachbereich Elektronische Sensorik am Institut für Biologische Informationsverarbeitung (Bioelektronik). Mit Unterstützung von Prof. Vitusevich bewarb sich Yurii nach seinem Masterstudium um ein DAAD finanziertes Promotionsstipendium.
Die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt
Inzwischen trägt Yurii Kutovyi einen Doktortitel. Seine Doktorarbeit konnte er durch das Stipendium ebenfalls am Forschungszentrum Jülich schreiben und arbeitet nun als PostDoc im Rahmen des Exzellenzclusters „Matter and Light for Quantum Computing – ML4Q“ als PostDoc am Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik. Die ausgezeichnete Organisation des Clusters erleichtert die Forschungsarbeit zwischen den beteiligten Institutionen. Mit der Universität zu Köln, der RWTH Aachen, der Universität Bonn und dem Forschungszentrum Jülich sind gleich mehrere exzellente Einrichtungen Teil des Clusters. „Als Mitglied von ML4Q fühlt man sich willkommen und kann sich auf seine Arbeit konzentrieren, unabhängig davon, ob man Professor, Postdoc oder Student ist“, fasst Yurii seine Erfahrungen zusammen. Mit großem Engagement widmet sich der junge Wissenschaftler daher seinem Forschungsgebiet, um seinen Beitrag zum Gelingen des Clusters beizusteuern.
Derzeit arbeitet Yurii Kutovyi an der Entwicklung von Quantenbits und Ein-Photonen-Emittern, die auf isolierten Verunreinigungszuständen in hochwertigen epitaktischen Nanostrukturen basieren. Zentrales Ziel ist es, eine effiziente Spin-Photonen-Schnittstelle zu erreichen und zu etablieren, indem unabhängige Quantenknoten, die aus Spin-Qubits bestehen, durch den Austausch von verschränkten fliegenden Qubits (Photonen) eingerichtet und miteinander verbunden werden. „Klingt interessant, nicht wahr?“, sagt er schmunzelnd und fügt hinzu, „Ich bin auch neugierig auf die Ergebnisse, die bald kommen sollen.“ Mit seiner harten und hervorragenden Arbeit möchte der Physiker nicht nur die Quantentechnologie revolutionieren, sondern sich auch eine wissenschaftliche Zukunft in Deutschland aufbauen.
Lernen Sie Dr. Yurii Kutovyi doch noch ein bisschen näher kennen! In einem kurzweiligen Video auf der Website des Exzellenzclusters ML4Q stellt sich der junge Physiker ganz persönlich vor: https://ml4q.de/2021/06/21/next-stop-with-yurii-kutovyi/
Weitere Informationen:
Institute of Biological Information Processing, Bioelectronics (IBI-3): https://www.fz-juelich.de/ibi/ibi-3/EN/Home/_node.html
Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9): https://www.fz-juelich.de/pgi/pgi-9/DE/Home/home_node.html
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