Deutsch-taiwanesische Kooperation in der Batterieforschung
Neben seiner Wahlheimat Jülich in Deutschland ist Taipeh in Taiwan für Prof. Olivier Guillon eine gerne bereiste Stadt geworden. Obwohl seine Aufenthalte in Taiwan einen vornehmlich wissenschaftlichen Hintergrund haben, genießt der Wissenschaftler nicht nur die gemeinsame Forschungsarbeit, sondern auch die ausgesprochen gastfreundliche Art der Taiwanesen. Der Austausch ist daher sehr produktiv und angenehm.
Vom ältesten Werkstoff der Menschheit zum High-Tech Material der Energiewende
Die wissenschaftliche Leidenschaft von Prof. Olivier Guillon gilt einem Werkstoff mit einer Jahrtausende alten Geschichte: der Keramik. „Keramik ist der älteste Werkstoff der Menschheit und trotzdem bis heute top aktuell, das ist absolut faszinierend!“, erzählt der Wissenschaftler von seinem Forschungsfeld.
Tatsächlich begannen vor etwa 30.000 Jahren unsere Vorfahren Ton zu formen und zu brennen, um primitive Gefäße und Figuren herzustellen. Bereits diese frühen keramischen Artefakte waren nicht nur ästhetisch, sondern erfüllten auch praktische Zwecke.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts konnte Keramik schließlich zu einem Hightech-Material entwickelt werden, das Anwendung in der Elektronikindustrie, insbesondere in der Herstellung von Halbleiterbauteilen, als Kondensatoren und Isolatoren findet. So kommt es, dass moderne Hochleistungskeramiken nicht nur in der Medizin- und Energietechnik zu finden sind, sondern der Menschheit auch die Reise in den Weltraum ermöglicht hat. Im Institut für Energie- und Klimaforschung, Werkstoffsynthese und Herstellungsverfahren (IEK-1), das Prof. Olivier Guillon leitet, arbeitet er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen an der Entwicklung und Prozessierung von keramischen Materialien, die unerlässlich für die Energiewende sind: Guillon berichtet von seiner Arbeit „Die Eigenschaften von Keramiken kann man unendlich variieren, das ist faszinierend! Keramische Bauteile sind deshalb überall zu finden, allerdings selten sichtbar.“ Beispielsweise sind Keramiken essenziell für die Energiespeicherung in Batteriezellen, für die Hochtemperaturelektrolyse, für die Stofftrennung mittels Membranen, als Schutzschichten unter sehr harten Bedingungen in Wasserstoffturbinen und vieles mehr.

Der Wert von Forschungsaufenthalten
Über sein wissenschaftliches Thema ergab sich die Zusammenarbeit mit der National Taiwan University of Science and Technology in Taiwan. Vor allem der Kontakt zu Prof. Bing Joe Hwang bildete die Basis für die gemeinsame Forschung. „Wir kennen uns seit mehreren Jahren im Rahmen von deutsch-taiwanesischen Batterieforschungsprojekten, welche vom BMBF auf deutscher Seite gefördert werden“, erzählt Guillon und blickt mit einem Lächeln direkt in die Zukunft „Aber es lohnt sich, diese Verbindung zu vertiefen und länger vor Ort zu bleiben.“
Vor allem die Unkompliziertheit der Zusammenarbeit mit den taiwanesischen Partner:innen macht die gemeinsame Forschung so produktiv. Die komplementär eingesetzten Expertisen aller Beteiligten trägt ebenso zum Gelingen gemeinsamer Projekte bei. Der kleine Inselstaat Taiwan ist in der Halbleiter- und Elektronikindustrie extrem stark und förmlich eine weltoffene Hightech-Industrienation. „Das sind hervorragende Voraussetzungen für eine gelungene Zusammenarbeit“, resümiert Prof. Guillon seine Eindrücke.
Der hervorragende Kontakt zu Prof. Bing Joe Hwang erleichtert den Austausch ungemein, da durch Forschungsaufenthalte ein gegenseitiges Verständnis der Vorgehensweisen und Forschungslandschaft besteht. Prof. Hwang hatte die Möglichkeit als Humboldt-Preisträger einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt am IEK-1 des Forschungszentrums Jülich zu verbringen. „Für Kooperationen und die gemeinsame Forschung ist es sehr wichtig, die Forschungsgegebenheiten beider Länder zu verstehen und persönliche Kontakte von beiden Seiten zu verknüpfen“, erläutert Prof. Guillon.
Das gegenseitige Verständnis ist die Voraussetzung für die Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die in Zukunft weiter ausgebaut werden könnte.
Im Herzen der Innovation, Gastfreundschaft und des guten Essens
„Mein guter Kollege Bing Joe sagte mir: Es gibt zwei Dinge, die in Taiwan spitze sind, die Gastfreundschaft und das Essen“, berichtet Guillon von seinem taiwanesischen Forschungspartner „Damit hat er auf jeden Fall recht. Aus meiner Sicht ist aber auch die Reaktivität, der Fleiß und das innovative Denken eine zentrale Eigenschaft Taiwans und seiner Einwohner. Ich freue mich jedes Mal, wenn unsere Forschung von dieser Eigenschaft profitieren kann.“
Sichtbarster Beweis für die Innovationskraft Taiwans ist sicherlich Taipei 101, das höchste Gebäude Taiwans und von 2004 bis 2009 sogar weltweit. Das Gebäude mit seinen 508 Metern ist ein Wunderwerk der Technik, das durch einen ausgeklügelten Mechanismus sehr erdbebensicher ist. Eine wichtige Eigenschaft in dem kleinen Staat, in dem bis zu 300-mal jährlich die Erde bebt.
Im Juli 2023 wurde Prof. Olivier Guillon zum Honorarprofessor an der National Taiwan University of Science and Technology in Taipeh ernannt. Die Professur ist nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung, sondern auch ein Anreiz für den französisch-deutschen Materialforscher und seinen jüngeren Kolleginnen und Kollegen, weitere (Forschungs-)Aufenthalte in Taiwan zu planen. Bei diesem Aufenthalt besuchte Guillon auch die National Cheng Kung University in Tainan und unterzeichnete ein Memorandum of Agreement zwischen dem Hierarchical Green Energy Materials Research Center (HiGEM) und IEK-1.

Weitere Informationen:
https://www.fz-juelich.de/de/iek/iek-1/aktuelles/meldungen/verstaerkung-der-zusammenarbeit-mit-der-national-cheng-kung-university
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