Oder: Einblick in die Kultur, das Leben und natürlich in die Wissenschaft Japans
Bei dem Gedanken an Japan assoziieren viele direkt Kirschbäume in voller Blüte, den schneebedeckten Fuji, leckeres Essen und freundliche Menschen. Doch das hoch technologisierte Land hat viel mehr zu bieten als diese Stereotypen. Beispielsweise zeichnet sich Japan auch durch eine vielfältige Forschungslandschaft und hochkarätige Wissenschaftler:innen aus. Felix Cüppers hat die Möglichkeit, die Wissenschaftslandschaft Japans während seines Stipendiums kennenzulernen. Er ist Doktorand am JARA-Institut Energy-efficient information technology (Peter-Grünberg Institut, PGI-10) und verbringt insgesamt sechs Monate am Tokyo Institute of Technology.
Neue Wege beschreiten
Der Aufbruch in ein anderes Land bringt auch zahlreiche Sorgen mit sich. Für Felix Cüppers war es allen voran die Sprachbarriere, die Sorgen hervorrief. „Es ist für viele sicherlich überraschend, aber in Japan ist die englische Sprache nicht sehr weitverbreitet“, erzählt er, „Mein Japanisch ist eher rudimentär, daher hatte ich mir im Vorfeld viele Gedanken über die Sprachbarriere gemacht. Anschluss zu finden in einer anderen Kultur, in der man schlecht kommunizieren kann, stellte ich mir als schwierig vor.“ Schnell zeigte sich jedoch, dass vor allem die Kolleg:innen in der Arbeitsgruppe von Prof. Hiroshi Funakubo am Tokyo Institute of Technology freundlich und aufgeschlossen auf Felix zu gingen. Fehlende Sprachkenntnisse sind häufig mit Händen, Füßen, einem Lächeln und einer guten Übersetzungsapp ausgleichbar.
Der 27-jährige Wissenschaftler beschritt mit seiner Reise in die asiatische Ferne nicht nur sprachlich neue Wege, auch die Wissenschaft seiner neuen Arbeitsgruppe eröffnete ihm neue Sichtweisen. In Jülich forscht er an memristiven Materialien, die aus einem Schichtstapel dünner Filme in der Reihenfolge: Metall – Oxid – Metall bestehen. Durch das Anlegen von Spannung können diese Bauteile ihren Widerstandswert ändern. Dieser Prozess ist sehr schnell, reversibel und der eingeschriebene Zustand ist nicht-flüchtig, was sie zu geeigneten Kandidaten zur Verbesserung und Erweiterung klassischer Computer-Architekturen macht. „Für meine Studien am PGI-10 fokussiere ich mich auf den Zusammenhang zwischen dem physikalischen Schaltmechanismus einzelner memristiver Zellen und der Anwendbarkeit in gehirn-inspirierten, sogenannten neuromorphen, Architekturen“, berichtet Felix von seiner Arbeit „Prof. Funakubos Arbeitsgruppe beschäftigt sich unter anderem mit dem gleichen Material wie ich am FZ Jülich, nämlich Dünnschichten aus Hafniumdioxid. Anders als im PGI-10 zielt die Forschung nicht auf die Anwendung des Materials als memristives Speicherelement, sondern als ferroelektrischer Speicher.“ Das gemeinsame Material mit zwei verschiedenen Funktionsweisen eröffnet dem jungen Materialwissenschaftler eine spannende neue Welt.
Wissenschaft, Kultur und Kulinarik
Das wissenschaftliche Arbeiten füllt einen Großteil von Felix Tag im japanischen Tokio. Das Arbeitspensum ist hoch, doch er ist hoch motiviert, einen Beitrag zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe zu leisten. Was trotzdem nicht zu kurz kommen darf: Persönliche Eindrücke sammeln. Hinter seine Erwartungen an die Forschungstätigkeit hofft er bald ein Häkchen setzen zu können. Auf Felix To-Do-Liste warten jedoch noch einige Punkte, die ihm die japanische Kultur näherbringen sollen. Mit einem Schmunzeln erzählt er: „Während meiner Zeit in Prof. Funakubos Gruppe möchte ich mehr über dieses verwandte, aber doch andere Forschungsgebiet lernen. Darüber hinaus interessieren mich aber natürlich auch die japanische Kultur, das Land und die Mentalität der Menschen hier.“ Die Großstadt Tokio fasziniert den jungen Forscher, aber auch die international weniger bekannte Naturlandschaft Japans ist ein großer Reiz. Bei Erkundungstouren durch die Stadt hat Felix bereits viele Sehenswürdigkeiten besichtigt. „Offene Interessen sind für mich noch die Geschichte von Japan und die Glaubenskultur. Ich hoffe, meine Forschung rechtzeitig abschließen zu können, dass noch ein wenig Zeit für eine Reise nach Kyoto und Nara bleibt, zwei der kulturellen Zentren und ehemalige Kaiserstädte Japans“, fasst er seine Pläne zusammen. Zurück in Deutschland wartet der nächste große Meilenstein: Das Schreiben der Dissertation und die Promotion. Der Aufenthalt in Japan ist eine gute Gelegenheit, Kraft für diese Aufgabe zu tanken. Kraft, die Felix bei Streifzügen durch Kultur, Leben und Natur eines für ihn fremden Landes sammelt.
Hilfreiche Kontakte als Sprungbrett zum Auslandsaufenthalt
Die Möglichkeit, Japan wissenschaftlich und kulturell kennenzulernen, erhielt Felix Cüppers durch ein Stipendium der Japan Society for the Promotion of Science (JSPS). Die JSPS spielt eine zentrale Rolle bei der Verwaltung eines breiten Spektrums wissenschaftlicher und akademischer Programme in Japan. Zwei der zentralen Ziele sind die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der internationalen Zusammenarbeit. Der Materialwissenschaftler konnte darüber hinaus die guten Kontakte seiner Betreuer Prof. Rainer Waser (PGI-7 und PGI-10) und Dr. Susanne Hoffmann-Eifert (PGI-10) nutzen. „Das Stipendium des JSPS ist an thematische Nähe zum Forschungsgebiet der Promotion gebunden, was die Auswahl der möglichen Arbeitsgruppen stark einschränkte“, berichtet der junge Wissenschaftler, „Glücklicherweise haben meine Betreuer Kontakte in Japan und speziell zu der Arbeitsgruppe von Prof. Hiroshi Funakubo am Tokyo Institute of Technology.“
Um die Möglichkeit eines Aufenthaltes im Ausland zu erhalten, sind Kontakte zu internationalen Gruppen unabdingbar. Aber auch nach dem Aufenthalt ermöglichen die Beziehungen zu anderen Wissenschaftler:innen Kooperationen und gemeinsame Projekte. „Für junge Forschende ist es wichtig Kontakte zu knüpfen“, sagt Felix. Er rät dazu diese Kontakte aktiv aufzubauen. Gute Gelegenheiten bieten sich beispielsweise bei Workshops und Konferenzen. Diese Kontakte können die Planung eines Auslandsaufenthalts erleichtern oder diesen erst ermöglichen.
Natürlich ergeben sich auch während des Aufenthalts in einem anderen Land viele Kontakte zu Einheimischen, anderen Wissenschaftler:innen und Studierenden. Da die strengen Einreisebestimmungen den Aufenthalt erschweren, gibt es zur Zeit weniger internationale Studierende am Tokyo Institute of Technology. „Es ist natürlich immer hilfreich, Menschen um sich zu haben, die sich in der gleichen Situation wie man selbst befinden, allerdings ist Japan da gewissermaßen ein Spezialfall, da jeder Mensch, mit dem man Kontakt hat, sehr hilfsbereit ist“, resümiert Felix seine bisherigen Erfahrungen. Die Kontakte innerhalb der Arbeitsgruppe von Prof. Hiroshi Funakubo wird er sicherlich auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland pflegen. Wer weiß, welche gemeinsamen Projekte sich aus diesem Auslandsaufenthalt für ihn ergeben werden.
Wir sagen ありがとうございます (Arigato gozaimas) an Felix Cüppers und wünschen einen weiterhin schönen und interessanten Aufenthalt im Land der aufgehenden Sonne.
Weiterführende Informationen:
Website der Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) https://www.jsps.go.jp/english/index.html
Website des JARA-Institut Energy-efficient information technology (PGI-10): https://www.fz-juelich.de/en/pgi/pgi-10
Stipendien- und Förderprogramme am Forschungszentrum Jülich: https://intranet.fz-juelich.de/de/organisation/ue/leistungen/nationale_internationale_beziehungen_ue-b/foerderungen-stipendien
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