Welche Mauern müssen wir noch einreißen und wie? Diese Fragen hat der Falling Walls Science Summit seinen Speakern in Berlin gestellt – und das Publikum bewegt wie nie. Ausgerechnet eine Antwort brachte dabei frischen Wind in die Debatten: „Bring back common sense.” Ein Statement, das überraschend einfach klingt, aber in unserer Innovationslandschaft ein großes Problem offenlegt.
Forschung trifft Wirtschaft – nur selten unkompliziert
Die Kategorie Falling Walls Venture bewies eindrucksvoll, wie groß der Unternehmergeist ist. Junge Start-ups wie ARQUE Systems, ein ambitioniertes Quantencomputing-Spin-off aus der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich, präsentierten ihre Ideen vor einer prall gefüllten Venue. Der Ansturm war so groß, dass die Pitches bald auch auf den Leinwänden außerhalb übertragen wurden – ebenso überfüllt waren die Reverse Pitches der Venture-Capital-Geber.
Der Bedarf ist da. Die Begeisterung auch. Nur an der Umsetzung hapert es oft. Warum? Weil wir in Deutschland, besonders in der Forschung, eine bemerkenswerte Fähigkeit entwickelt haben, kluge Ideen in Bürokratie zu ertränken. Was fehlt, ist Pragmatismus und eine Kultur, die Experimentierfreude über die Labore hinaus belohnt, statt sie zu erschweren.
Die Herausforderung liegt in den Strukturen
Die Redner des Summits – darunter Michiel Scheffer (EIC), Robbert Dijkgraaf (Wissenschaftsminister Niederlande), Rafael Laguna de la Vera (SPRIN-D) und Gesa Miczaika (Auxxo Female Catalyst Fund) – machten deutlich, dass es eine Frage der Struktur und Mindsets ist: Wenn der Weg von der Forschung zur Anwendung lang und unübersichtlich ist, gehen entscheidende Chancen verloren.
Das Potenzial für High-Tech-Innovationen aus Europa ist da – ob in GenAI, Quantentechnologie oder der nachhaltigen Energieversorgung. Die deutsche Wissenschaftsstruktur belohne oft Theorien und Publikationen, selten aber die praktische Anwendung. Es herrscht ein Übermaß an Formalismus, der die Entwicklung lähmt, während es an einer offenen Fehlerkultur und Risikofreude fehlt.
Was braucht echte Innovation?
Am Forschungszentrum Jülich arbeiten wir daran, genau diese Hürden zu senken, da wir sowohl Grundlagenforschung als auch Innovation in unserem Kernprozess verankert haben. Mit Programmen wie JUICE fördern wir ein innovatives und unternehmerisches Mindset bei jungen Wissenschaftler:innen. Auch auf Führungsebene wird Innovation gefördert: InnoSuper schult Führungskräfte und Betreuende in der Wissenschaft, Transferpotenziale zu erkennen und aktiv zu fördern. Prozesse zur Lizenzierung von IP werden gestrafft und künftig in einem attraktiven Schnellverfahren vereinfacht und beschleunigt, und strategische Partnerschaften mit Unternehmen bewusst gefördert.
Bei Events wie der Addventure Night öffnen wir unsere Türen für Unternehmen, die auf unserem Campus persönliche Kontakte zu Jülicher Wissenschaftler:innen knüpfen wollen. Das Ziel: Prozesse entschlacken, Kooperation fördern, Perspektiven schaffen – kurz, Innovation schneller und mutiger in die Praxis zu bringen.
„Wir unternehmen etwas!“ – Venture Building am Forschungszentrum Jülich
Fazit: Innovation braucht Freiraum
„Bring back common sense“ heißt, Bürokratie nur dort anzuwenden, wo sie echten Mehrwert bringt. Das braucht Pragmatismus, den Willen zur Erneuerung und Mut zum Risiko. Der Summit hat bewiesen, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Investoren an einem Strang ziehen wollen. Die Herausforderung liegt darin, ihnen die Freiheiten zu geben, die sie brauchen, um gemeinsam Grenzen zu durchbrechen – und Innovation für die Gesellschaft greifbar zu machen.
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Welche Mauern müssen wir einreißen, um Forschung besser in Innovation umzusetzen?
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