Mein letzter Beitrag hatte mit Beschleunigerphysik und Polarisation ja herzlich wenig zu tun – zumindest auf den ersten Blick. Heute werde ich erklären, warum das auf den zweiten Blick doch so ist.
In diesem Artikel möchte ich ein neues „Glückspiel“ entwickeln – und zwar eine Mischung aus Roulette und Münzwurf. Das mag auf den ersten Blick nicht viel mit sich drehenden und präzidierenden Deuteronen zu tun haben, wird aber eine unserer experimentellen Fragestellungen relativ gut beschreiben.
Oder auch: Wie hütet man eine Herde Deuteronen? In jedem Messzyklus arbeiten wir mit einigen Milliarden Deuteronen, die im Beschleuniger kreisen – also etwa so viele wie es Menschen auf der Erde gibt. Für unsere Messungen ist es notwendig, dass sich möglichst viele diese Deuteronen über den gesamten Messzyklus genau gleich verhalten. Für die Präzession des Spins bedeutet das in unserem Fall, dass die Deuteronen völlig synchron etwa 100 Million Pirouetten drehen müssen.
Über den Umbau des WASA Detektors habe ich ja schon berichtet. Mittlerweile sind wir mitten in der ersten Messung. Und weil es gerade so gut läuft, gibt es jetzt einen Livebericht direkt vom Experiment.
Wie ich schon in einem früheren Beitrag geschrieben hatte, kann man Detektoren nicht einfach kaufen. Da zusätzlich die Experimente auf immer neue Fragestellungen ausgerichtet werden, sind auch die entsprechenden Messaufbauten einer kontinuierlichen Veränderung unterworfen. Gerade bei Experimenten, die am umlaufenden Strahl eines Speicherrings durchgeführt werden, bedarf es dazu einer langfristigen Planung, da nur während der (relativ kurzen) Abschalt- und Wartungsphasen ein Zugang zu den Geräten besteht.
Da ich so langsam auch mal bei dem ankommen möchte, was wir so an Experimenten an COSY machen, will ich diesen Beitrag dazu nutzen ein wenig darauf einzugehen, wie denn ein Beschleuniger funktioniert. Und weil ich selbst kein Beschleunigerphysiker bin, sondern mich besser mit Teilchendetektoren und Streuexperimenten auskenne, verspreche ich, dass das ganze auch nur unwesentlich komplizierter wird als Bömmels Erklärung der „Dampfmaschin“. Experten mögen mir meine starken Vereinfachungen verzeihen.
Teilchendetektoren, wie ich sie in meinem letzten Beitrag gezeigt habe, kann man nicht im Laden kaufen. Wer ein neues Experiment an einem Beschleuniger machen möchte, muss sich genau überlegen, was ein passender Detektor können muss, wie er aussehen muss und auch wie die Detektorsignale digitalisiert werden müssen, damit sie später im Rechner analysiert und weiterverarbeitet werden können. Dazu müssen auch Detektormaterialien und einzelne Komponenten vorab unter realistischen Bedingungen getestet werden.
Nachdem wir die Präzession des Spins als wichtige Beobachtungsgröße in der Messung eines elektrischen Dipolmoments ausgemacht haben, müssen wir auch in der Lage sein die Richtung dieses Spins verfolgen zu können. Bisher ist in meinen Beiträgen der Drehimpuls eines Teilchens immer nur als blauer oder schwarzer Pfeil aufgetaucht. So einfach macht es uns die Natur aber natürlich nicht. Wenn man wissen will, in welche Richtung der Spin zeigt, muss man Messungen durchführen – und die haben natürlich auch einen Einfluss auf das System, dass ich beobachten will.
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