Kräne, die in den Himmel ragen, ein filigranes Stahlskelett, davor der Schlamm der Baustelle im Stetternicher Forst: Das Foto der Baustelle der beiden Forschungsreaktoren Merlin und Dido ist schon fast eine Art Ikone und wird immer wieder genutzt, wenn es darum geht, die Anfangsjahre der einstigen Kernforschungsanlage Jülich ausdrucksstark zu bebildern.
Gemacht hat das Foto Karl Peters. Als Fotograf und Leiter der Bildstelle hat er die Entwicklung der KFA von den Anfangsjahren bis zum Wandel in das heutige Forschungszentrum begleitet und im Bild festgehalten. Im Oktober ist Karl Peters gestorben, er wurde 85 Jahre alt. Seine Fotografien sind für das Forschungszentrum von großem Wert: Als Zeugnis der Zeit, der Entwicklung von Forschung und Technik, der Menschen, die in Jülich arbeiteten – und zum Teil als eigenständige künstlerische Arbeiten.
Das Fundament gerade dazu legte Peters‘ Studium bei Otto Steinert an der Essener Folkwangschule. Steinert hat wie kaum ein anderer die deutsche Fotografie der 50er und 60er Jahre geprägt. Von ihm übernahm Karl Peters unter anderem ein ästhetisches Ausdrucksmittel: die Reduktion auf ein strenges Schwarz-Weiß. Natürlich fotografierte er im Alltagsgeschäft auch in Farbe. Doch gerade die besonderen, die sorgfältig gestalteten und arrangierten Fotografien wie seine Porträts sind schwarz-weiß.
Alltagsgeschäft, das waren für Karl Peters Aufnahmen von immer neuen Gebäuden, Geräten, Techniken und vor allem Menschen, die auf dem Campus arbeiteten oder ihn besuchten. Er fotografierte für die unterschiedlichsten Publikationen: Broschüren, Jahresberichte, wissenschaftliche Veröffentlichungen – und seit der ersten Ausgabe im Juni 1970 für die „KFA intern“, die Vorläuferin des heutigen Mitarbeitermagazins.
„Dabei begnügte er sich nicht damit, Menschen oder Geräte zu fotografieren. Er ließ sich auch die Zusammenhänge erklären. So machte er sich zu zunächst ein Bild von Personen und Objekten“, erinnert sich Peter Schäfer, lange Jahre stellvertretender Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Forschungszentrums. „Bei Veranstaltungen arbeitete er an vorderster Front, aber auch diskret.“ Karl Peters sei auch bei der Bildauswahl gründlich gewesen und habe die Arbeiten im Fotolabor bis zum fertigen Bild begleitet. „Von seinen Auftraggebern erwartete er stets Feedback“, so Schäfer.
Zwangsläufig wurde Karl Peters damit zum wichtigsten „Augenzeugen“ der Entwicklung des Forschungszentrums. Auch im Alltagsgeschäft bewahrte sich der Fotograf den besonderen Blick: Mit seiner Kamera fing er die Euphorie der KFA-Aufbruchjahre in den Sechzigern mit der wissenschaftlichen Vision einer friedlichen Nutzung der Kernenergie ein. Sie brachte im Laufe der Zeit vor allem viel Bundes- und Landespolitik nach Jülich: die Herren ausnahmslos in dunklem Tuch, die Damen vor allem als Begleitung. Karl Peters Bilder vermitteln noch heute die Begeisterung, den Schwung, mit der die Menschen im Stetternicher Forst an die Arbeit gingen, und wie fasziniert sie von einer „Technologie der Zukunft“ waren. Und sie lassen uns über Jahrzehnte hinweg das Charisma spüren, das von Leo Brandt und Rudolf Schulten, den beiden führenden Köpfen der KFA, ausging.
Geradezu „still“ sind dagegen viele der Bilder, die Karl Peters von Männern und Frauen bei der Arbeit machte. Sie sind ganz versunken in ihre Tätigkeit, wie aus der Zeit gefallen. Die Geräte oder Werkstücke, mit oder an denen sie arbeiten, sind bei diesen Aufnahmen kunstvoll in das Bild hineinkomponiert. Andere blicken den Betrachter direkt an, zuweilen herausfordernd, der Hintergrund des Labors oder Werkstatt löst sich scheinbar in einem Gewirr aus Linien und Formen auf, wird ganz abstrakt.
Meisterlich sind eine Reihe von Porträts, hier sieht und spürt man besonders den Fotokünstler Karl Peters. Blick, Licht, Aufbau: Der heutige Betrachter schaut und staunt.
Im Jahr 1996 ging Karl Peters, der in Düren geboren wurde und dort lebte, in den Ruhestand. Im Jahr zuvor brachte das Forschungszentrum, unterstützt vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Joachim Treusch, einen schlicht und schön gestalteten Bildband heraus. Titel: „Karl Peters – Von Forschern und anderen Menschen“. Die ausgewählten Bilder ausschließlich schwarz-weiß, darunter kurze Zeilen, die treffsicher und mit viel Witz formuliert sind. Dort ist auch Folgendes zu lesen: „Sie forschen. Ich habe sie beobachtet, die Facharbeiter wie die Nobelpreisträger…“
Glück für uns, dass wir die „Beobachtungen“ von Karl Peters im Archiv haben.
Vielen Dank für diesen tollen Artikel.
Da fühlt man sich sofort in die alte Zeit zurück versetzt.