von Imke Rhoden und Andrew Ross
Die Europäische Union steht vor der Herausforderung, dass der weltweite Ressourcenverbrauch steigt, der Druck auf die Ressourcen stetig zunimmt und die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen zunehmend unsicherer wird. Gepaart mit dem Ziel, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden, besteht die dringende Notwendigkeit, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung zu entkoppeln und einen raschen Übergang zu Kreislauflösungen zu gewährleisten.
Das Projekt “ CIRCULAR FOAM – Systemic expansion of territorial CIRCULAR Ecosystems for end-of-life FOAM“ (Systemische Ausweitung territorialer Kreislaufökosysteme für Altkunststoffe) wird die nötigen technologischen Schritte entwickeln und demonstrieren, die erforderlich sind, um die Kreislauffähigkeit von Kunststoffen in Post-Consumer-Anwendungen zu erreichen. Dies geschieht am Beispiel von Polyurethan-Hartschaumstoffen (PU), die zur Isolierung in Kühlschränken und im Bauwesen verwendet werden. Das CIRCULAR FOAM-Konsortium setzt sich aus allen relevanten Akteuren zusammen, die für die Schließung der Kreislauf-Wertschöpfungskette erforderlich sind: verarbeitende Industrie, Herstellung, Abfallwirtschaft, Technologieanbieter, unter Zusammenarbeit mit Forschungspartnern aus Logistik, Sozial- und Wirtschaftswissenschaft, dem öffentlichen Sektor und den Bürgern.
Die Abfallströme werden chemisch upgecycelt, d.h. sie werden aufgewertet, so dass sie als neuer, gleichwertiger Rohstoff für die chemische Industrie zur Herstellung neuer Hochleistungskunststoffe verwendet werden können. Auf diese Weise können begrenzte fossile Ressourcen durch erneuerbare abfallbasierte Ressourcen ersetzt werden, wodurch nicht nur Abfälle reduziert werden, sondern auch die Nachhaltigkeit erhöht und ein Schritt in Richtung Klimaneutralität getan wird.
Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines systemischen Ansatzes, der in drei Modellregionen (Rheinisches Revier (Nordrhein-Westfalen)/DE, Schlesien in Polen und Großraum Amsterdam Niederlande) umgesetzt wird. Die Ergebnisse werden Empfehlungen für die Umsetzung in weiteren Regionen in Europa enthalten.
Das Institut für Energie- und Klimaforschung – Systemforschung und Technologische Entwicklung (IEK-STE) am Forschungszentrum Jülich bringt in das Projekt seine Erfahrungen bei der Untersuchung der Eigenschaften von Energiesystemen und der Folgen der Energiewende im Kontext von Transformation und Innovation ein. In CIRCULAR FOAM wird IEK-STE die regionalwirtschaftlichen Besonderheiten analysieren. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, eine Blaupause zu erstellen, die die Übertragbarkeit auf andere europäische Regionen gewährleisten soll.
Überblick
Die Dekarbonisierung Europas zur Erreichung der Klimaneutralität erfordert eine rasche Transformation der soziotechnischen Systeme. Eine Symbiose von industriellen und urbanen Prozessen sowie von zirkulären Wertschöpfungsketten unter Einbeziehung aller relevanten Akteure, ist ein vielversprechender Ansatz, um zu einer klimaneutralen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft beizutragen. Dies kann nur funktionieren, wenn alle beteiligten Akteure zusammenarbeiten und alle Engpässe und Hürden beseitigt werden.
Für die ausgewählten Abfallströme von Hartschaum-PU, der in der Isolierung von Kühlschränken und in Baustoff-Dämmplatten enthalten ist, werden im Projekt Verfahren entwickelt und demonstriert, damit die Stoffe chemisch aufbereitet und verwertet werden können. Die Projektpartner werden zwei Arten des chemischen Recyclings demonstrieren: Chemolyse und intelligente Pyrolyse (smart pyrolysis). Beide Methoden haben das Potenzial, die CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette insgesamt zu verringern. Die Technologien ermöglichen die Rückgewinnung der Hauptbestandteile von PU direkt oder als Zwischenprodukte, anstatt das Polymer in kleine Moleküle aufzuspalten, die in mehreren Schritten, die jeweils Energie erfordern, wiederaufbereitet werden müssten.
Über das rein technische/chemische Recycling hinaus wird CIRCULAR FOAM eine vollständige Systemlösung für eine Kreislaufwirtschaft von PU-Hartschaumstoffen entwickeln und demonstrieren. Dabei wird es auch darum gehen, das notwendige Wissen weiterzugeben und den erforderlichen Bewusstseinswandel bei allen Beteiligten entlang der neuen Kreislaufwertschöpfungskette zu erreichen. Dies bedarf auch der Beachtung einer politischen Orientierung für die beteiligten Gebiete sowie der Festlegung von Strukturen zur Erleichterung und Überwachung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft.
Regionaler Ansatz
Die Analyse und Demonstration einer systemischen, ganzheitlichen Lösung wird im Projekt über einen regionalisierten Ansatz geschehen, der Modellregionen einsetzt. In den Regionen sollen relevante Strukturen der Wege von Hartschaum-PU-Abfällen und mögliche Clusterungen untersucht werden. Ein solcher „territorialer Kreislaufwirtschafts-Cluster“ ist dabei ein sozioökonomisches und ökologisches System, das sich aus relevanten Akteuren und Dimensionen zusammensetzt, die beteiligt sind, um mindestens eine kreisförmige Systemlösung zu implementieren, zu demonstrieren und ihre Replikation zu erleichtern. Das Projekt wird die analytischen Grundlagen und das relevante systemische Wissen für einen systemischen Lösungsansatz zum Aufbau regionaler Symbiose-Cluster im Bereich der Abfallwirtschaft entwickeln.
Die Ergebnisse der vertieften, intersektoralen und interdisziplinären Analyse (Wirtschafts-, Akteurs-, Logistik-, Verbraucher-, Politik- und Regulierungsstrukturen) aus der Pilotregion NRW in Deutschland fließen in eine systemische Analyse (agentenbasierte Modellierung und Fuzzy Mapping) der regionalen Akteure, Strukturen, Prozesse und Feldbedingungen für die zwei repräsentativen PU-Projektbeispiele ein. Auf der Grundlage dieses Analysekonzepts für regionale Gegebenheiten, Cluster und Stoffströme versucht das interdisziplinäre Projektteam, Ansätze zur Schließung oder Neuordnung von Kreislaufsymbiosen im Sinne von Wiederverwendung, Reparatur und Recycling zu identifizieren. Darauf aufbauend soll damit eine Blaupause für den Aufbau von Kreislaufsymbiose-Strukturen für den Transfer in zwei Folgeregionen bereitgestellt werden: den Großraum Amsterdam und die Region um Katowice in Schlesien.
Die drei Regionen wurden aufgrund ihrer Lage innerhalb Europas und ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen und Faktoren, die sich auf die Entwicklung von Kreislauflösungen auswirken, ausgewählt. Dies wiederum hilft dabei, den Analyserahmen und das Konzept unter verschiedenen Bedingungen zu testen. Die drei ausgewählten Regionen unterscheiden sich in Bezug auf ihre Kultur, Mentalität, Gewohnheiten, Wirtschaft, Infrastrukturen, aber auch im Hinblick auf ihre spezifischen Herausforderungen und ihren politischen sowie geografischen Hintergrund. Aus dieser Erprobung wird das Projekt Empfehlungen für Politiken und Umsetzungsstrukturen ableiten und Schlussfolgerungen ziehen, die dazu beitragen werden, eine Governance-Struktur für die Umsetzung zu erleichtern.
Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten zwischen den Regionen. Zwei der drei Modellregionen zeichnen sich bereits dadurch aus, dass sie eine klimaneutrale Zukunft anstreben und über Strategien für Kreislaufwirtschaften verfügen, die in ihre Entwicklungspläne einfließen werden. Sowohl NRW als auch Schlesien weisen derzeit eine hohe Dichte an energieintensiven Industrieunternehmen auf und befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel hin zu Innovation und Nachhaltigkeit, einschließlich eines Ausstiegs aus der Kohleverstromung gemäß territorialer Nachhaltigkeitsstrategien. Ziel ist ein neues, nachhaltiges, ressourceneffizientes und zirkuläres Wirtschaftsmodell. Ihre Historie des Kohlebergbaus (sowie der Brennstoff- und Kohlelogistik) und die Notwendigkeit, den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu vollziehen, haben einige Städte und Regionen bereits veranlasst, bilaterale Partnerschaften zu gründen. Ein Vergleich zwischen NRW und Amsterdam zeigt, dass beide Regionen energisch auf eine klimaneutrale Wirtschaft hinarbeiten und Strategien für eine vollständige Kreislaufwirtschaft haben, die zu ihren Entwicklungsplänen beitragen werden. Die beiden Regionen haben Kreislaufwirtschaft zum zentralen Bestandteil ihrer regionalen Strategien gemacht und sind mit nationalen, regionalen und strukturellen öffentlichen Investitionen ausgestattet, um die Entwicklung und Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft zu unterstützen und private Investitionen auszulösen.
Während NRW und der Großraum Amsterdam über Strategien für eine kreislauforientierte Nachhaltigkeit verfügen, haben sie das gleiche Problem wie Schlesien: das mangelnde Bewusstsein, Know-How und die fehlende Akzeptanz des hohen Potenzials des chemischen Recyclings zur Aufwertung von Kunststoffen.
Fazit
Chemisches Recycling ermöglicht es, das Abfallvolumen und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, und es bietet die Möglichkeit, fossile Rohstoffe zu ersetzen. Damit ist es eine mögliche Lösung, um Abfall in eine wertvolle Ressource zu verwandeln. Natürlich sollten die unterstützenden Kreislauflogistikströme (intra- und interregional) nachhaltig organisiert sein und die CO2-Emissionen auf ein Minimum reduzieren. Mit CIRCULAR FOAM hat sich das Projektkonsortium ehrgeizige Ziele gesetzt, um einen Beitrag zu den Zusagen zur Klimaneutralität zu leisten. Es zielt auf eine Kombination mehrerer differenzierter Ansätze in einem regional sehr unterschiedlichen Bereich der Kreislaufwirtschaft ab. Da das Projekt gerade erst begonnen hat, liegen die Herausforderungen und Chancen noch vor uns.
Wenn Sie sich für den weiteren Verlauf interessieren, halten Sie sich hier auf dem Laufenden:
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Projektdauer: 1. Oktober 2021 – 30. September 2025 (48 Monate)
Budget: 19.192.150 € Dieses Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 unter der Fördervereinbarung Nr. 101036854 finanziert.
Einfach zu früh gegangen…
Den angehörigen mein Beileid