Dr. Alexander Graf leitet eine BMBF-Nachwuchsgruppe am Institutsbereich Agrosphäre des Jülicher Instituts für Bio- und Geowissenschaften und untersucht unter anderem das Wachstum von Bäumen in der Eifel. Unter dem Motto „Woran forschen Sie gerade“ stellt er seine Arbeit im kommenden effzett-Magazin in aller Kürze vor.

Hier, im Jülicher Campus-Blog „Zweikommazwei„, beschreibt er bereits jetzt, was ihn und seine Kollegen zur Zeit umtreibt und warum gerade dieser Herbst besonders spannend für die Wissenschaftler ist…


Bunter Herbst mit reicher Datenernte

von Dr. Alexander Graf

Wenn die ersten Weihnachtsartikel im Supermarkt auftauchen und Erntedank gefeiert wird, ist es für uns Freilandforscher normalerweise an der Zeit, die sommerlichen Messungen zurückzufahren und uns ausgiebiger den Daten der letzten Vegetationsperiode zu widmen. Während automatische Messstationen ganzjährig weiterlaufen, bauen wir vorübergehende Experimente ab und führen manuelle Messungen seltener oder gar nicht mehr durch. Doch diesen Herbst ist das anders – aus zwei Gründen, die mit unseren beiden wichtigsten Untersuchungsstandorten zu tun haben.

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Bild: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Auf dem Acker

Auf dem Ackerstandort hat der engagierte Landwirt nach der Gerstenernte Zwischenfrüchte ausgesät. Die werden nicht geerntet und verkauft, sondern sollen das Feld den Winter über grün halten. Vor der Rübenaussaat im nächsten Frühjahr werden sie in den Boden eingearbeitet. Dadurch wird dieser verbessert, Erosion verhindert, Stickstoff fixiert und so Dünger gespart. Neu ist, dass dies nicht mit einer Monokultur, sondern gleich einer ganzen Mischung gemacht wird – unter anderem Erbsen und Ölrettich, die beide unterschiedliche Funktionen zur Wirkung der Mischung beitragen.

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Bild: Forschungszentrum Jülich

Uns interessiert vor allem die Klimawirkung: Denn wo normalerweise nackter Boden CO2 aus Zersetzungsprozessen an die Atmosphäre abgibt, steht nun eine immer dichter werdende Pflanzendecke, die Teile des Treibhausgases durch ihr Wachstum bindet. Auch die veränderte Albedo (das Reflexionsvermögen der Fläche für Sonnenlicht) wirkt dem Klimawandel entgegen – natürlich nur, wenn Zwischenfrüchte großflächig angebaut werden. Bis es dazu kommt, untersuchen wir heute, wie stark der potentielle Effekt ist und wie sich die CO2-Abgabe des Bodens unter dieser Pflanzendecke verändert. Bei dieser Gelegenheit testen wir auch unsere letzten Modifikationen an einer neuen Anlage zur Messung von Treibhausgas-Vertikalprofilen, und die Freilandtauglichkeit eines Isotopen-Messgerätes, das wir bisher nur im Labor eingesetzt haben.

Im Wald

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Bild: Forschungszentrum Jülich

Währenddessen wollen am Waldstandort im Nationalpark Eifel über 2000 junge Laubbäumchen vermessen werden – überwiegend Ebereschen – die sich dort im Laufe der letzten drei Jahre auf einer Fläche angesiedelt haben, auf der Fichten gefällt wurden. Mit diesen Maßnahmen versucht der Mensch, die Rückkehr von Fichtenmonokulturen zu regionstypischem Laubwald in den Randgebieten des Nationalparks zu beschleunigen, will dann aber die Natur wieder sich selbst überlassen. Auch das wirkt sich aufs Klima aus; den Nettoeffekt in Erfahrung zu bringen, erfordert aber naturgemäß einen sehr langen Atem. Dennoch müssen wir jetzt damit anfangen, um später ein vollständiges Bild zu haben.

Im Frühling, vor Beginn der Wachstumsperiode, hatten wir die Bäumchen schon einmal vermessen und mit Nummern versehen. Die Etiketten verbreiten ein Flair von Baumschule – was mir erst so richtig klar wird, als einmal ein Exkursionsteilnehmer einer Bild der Wissenschaft-Leserreise fragt: „Ach, die sind gar nicht angepflanzt?“. Jetzt messen wir den Zuwachs des letzten Sommers – nach den bisherigen Ergebnissen im Durchschnitt 35 cm.

Viel (wo)manpower für die herbstliche Datenernte

All das mit den auch hier regelmäßig durchgeführten Messungen der CO2-Emissionen aus dem Boden unter einen Hut zu bekommen, erfordert viel (wo)manpower. Ein bunter Haufen aus 13 Kollegen, Praktikanten, Doktorandinnen ist an der herbstlichen Datenernte beteiligt – nicht mitgezählt diejenigen, die die zur Auswertung unentbehrlichen Dauerstationen betreuen.

 

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  1. COP23: Wie Mensch und Klima zusammenhängen – drei Beispiele Jülicher Forschung

    […] Das Ergebnis von Grafs Vergleichsmessungen: Das Feld, auf dem in zwei Wintern Zwischenfrüchte angebaut wurden, nahm über vier Jahre hinweg insgesamt rund 60 Prozent mehr CO² auf. Dies zeigt: Zwischenfrüchte verbessern die CO²-Bilanz, obwohl sie am Ende des Winters vor dem Anbau der normalen Nutzpflanzen untergepflügt werden und damit den Bodenorganismen zur Verfügung stehen. “Die Forschungsinfrastruktur ICOS – steht für Integrated Carbon Observation System – wird uns unter anderem in die Lage versetzten, solche Messungen an einer großen Anzahl an Standorten langfristig durchzuführen. Dadurch werden wir auch zu verlässlicheren Werten kommen, bei denen etwa Unterschiede in den Bodenverhältnissen berücksichtigt werden”, sagt Graf, der über seine Arbeit vor einem Jahr hier bloggte. […]

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    […] Das Ergebnis von Grafs Vergleichsmessungen: Das Feld, auf dem in zwei Wintern Zwischenfrüchte angebaut wurden, nahm über vier Jahre hinweg insgesamt rund 60 Prozent mehr CO² auf. Dies zeigt: Zwischenfrüchte verbessern die CO²-Bilanz, obwohl sie am Ende des Winters vor dem Anbau der normalen Nutzpflanzen untergepflügt werden und damit den Bodenorganismen zur Verfügung stehen. „Die Forschungsinfrastruktur ICOS – steht für Integrated Carbon Observation System – wird uns unter anderem in die Lage versetzten, solche Messungen an einer großen Anzahl an Standorten langfristig durchzuführen. Dadurch werden wir auch zu verlässlicheren Werten kommen, bei denen etwa Unterschiede in den Bodenverhältnissen berücksichtigt werden“, sagt Graf, der über seine Arbeit vor einem Jahr hier bloggte. […]