Der GMR-Effekt bewirkte eine Revolution auf dem Gebiet der Computer-, Kommunikations- und Informationstechnologie. Er wurde zeitgleich von Peter Grünberg (Jülich) und Albert Fert (Paris) entdeckt. Beide erhielten 2007 den Nobelpreis für Physik.[1]
Alle Preise und Ehrungen für Grünberg anzuführen, würde den Rahmen dieses „G“-Beitrags überschreiten. Genannt seien aber die Stern-Gerlach-Medaille der deutschen Physikalischen Gesellschaft, Schwerpunkt Grundlagenforschung, sowie der Internationale Japan-Preis, Schwerpunkt Anwendungsorientierung. Der Japan-Preis, verliehen in Anwesenheit des japanischen Kaiserpaars, kann als Nobelpreis Asiens bezeichnet werden.
Worum handelt es sich? Peter Grünberg definierte:
„GMR beschreibt den Umstand, dass der elektrische Widerstand einer dünnen magnetischen Stapelung durch ein externes magnetisches Feld stark verändert werden kann. Dieser Effekt basiert auf dem Einfluss der Magnetisierung auf die Elektronenbewegung in dieser Stapelung.“[2]
Elektronen sind geladene Teilchen und gleichzeitig Elementarmagnete mit zwei möglichen Ausrichtungen, die einen Magneten bilden. Bewegte Elektronen werden an anderen Elementarmagneten „gestreut“, d. h. in ihrer Bewegung abgelenkt. Lord Kelvin entdeckte 1857 als erster, dass die Ausrichtung der Elementarmagneten eines Magneten die Stärke der Streuung und damit den elektrischen Widerstand beeinflusst. Der GMR-Effekt nutzt zusätzlich die unmittelbare Nähe zweier Magnetschichten aus. Zwei Magnetschichten, getrennt durch eine nichtmagnetische, richten sich magnetisch, je nach Vorhandensein eines externen Magnetfelds, parallel oder antiparallel aus. Dadurch streuen sie Elektronen entweder mit nur einer oder mit beiden magnetischen Ausrichtungen; der elektrische Widerstand ist entsprechend gering oder sehr hoch.[3]
Machen wir das Anwendungspotential des GMR-Effekts an der Entwicklung der Computer-Festplatten deutlich. Eine Festplatte enthält Informationen auf winzigen magnetischen Feldern. Je kleiner sie sind, desto schwieriger, sie zu „lesen“, und desto sensibler muss der Lesekopf agieren. Der GMR-Effekt erhöht die Lesefähigkeit ins Gigantische und erlaubt daher immer kleinere, kompaktere Felder. Wie beim CRAY[4] können wir mit schwindelerregenden Entwicklungszahlen aufwarten: Ein Laptop zu Beginn der 1990er Jahre hatte einen Speicher von großzügig gerechnet 100 Megabyte; heute und Dank der Anwendung des GMR-Effekts verfügt ein Laptop ungefähr über 100 Gigabyte, also das rund Tausendfache.
1996 hat Nonvolatile Electronics Inc. den GMR-Effekt erstmals industriell verwertet; 1997 begann IBM mit der Produktion von Festplatten-Leseköpfen auf GMR-Basis. In den Jahren von 1997 bis 2002 erhöhte sich die Speicherfähigkeit von Festplatten pro Jahr um 100 Prozent, von 2002 bis 2007, als Grünberg den Nobelpreis erhielt, um jeweils 40 Prozent. Weltweit wurden von 1997 bis 2007 fünf Milliarden GMR-Leseköpfe produziert.
Die Arbeiten des Physikers Peter Grünberg sind auch einer wissenschaftstheoretischen Betrachtung zugänglich.
Im Forschungszentrum wird seit der Gründung über den Wissenschaftsbegriff diskutiert. Zunächst wurde zwischen Grundlagenforschung hier und anwendungsorientierter Forschung dort unterschieden, was sich aufgrund von Schnittmengen und Wechselwirkungen wissenschaftstheoretisch bald als naiv erwiesen hat.
Die Jülicher Entdeckung des GMR-Effekts geht auf reine Grundlagenforschung Peter Grünbergs im IFF zurück. Ausgangspunkt war die Theorie der dünnen Schichten. Voraussetzung für den GMR-Effekt sind möglichst dünne Magnetstreifen. „Dünn“ bedeutet wenige Nanometer – konkret etwas weniger als 10-9 Meter.
Peter Grünberg hat das enorme technologische Potential des GMR-Effekts sofort erkannt. Er erhielt die Auszeichnung „Erfinder des Jahres“ des Europäischen Patentamtes und besitzt 23 nationale und internationale Patente. Grünberg, wie Fert der Mitentdecker des GMR-Effekts, ist somit ein Forscher, an dessen Aktivitäten sich die Vereinbarkeit von Grundlagenforschung, Innovation und Technologietransfer geradezu paradigmatisch erkennen lässt.
[1] Für wichtige Hinweise und Korrekturen habe ich Frau Angela Wenzik (PGI-JCNS-TA) und Herrn Daniel Bürgler (PGI-6) zu danken.
[2] Zwei Hauptveröffentlichungen über den GMR-Effekt sind zu nennen: P. Grünberg, R. Schreiber, Y. Pang, M. B. Brodsky und H., Sowers, „Layered Magnetich Structures: Evidence for Antiferromagnetic Coupling of Fe Layers across Cr interlayers“, Physical Review letters 57 (1986); G. Binasch, P. Grünberg, F. Saurenbach und W. Zinn, „Enhanced magnetoresistance in layered magnetic structures with antiferromagnetic interlayer exchange“, Physical Review B, 39 (1989). Siehe Abbildungen.
[3] Diese Definition erhielt Verf. von Herrn Daniel Bürgler (PGI-6).
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